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Bart statt Burnout – wie ein Bart ein Leben veränderte

Bart statt Burnout – wie ein Bart ein Leben veränderte

Ein Bart schützt gegen Kälte und UV-Licht. Bei richtiger Pflege sorgt er sogar dafür, dass die Hautbarriere unter ihm gestärkt wird. Aber ein Bart gegen Burnout?

Was hat ein Bart mit der geistigen Gesundheit seines Trägers zu tun? Kann ein Bart wirklich zur psychischen Gesundheit beitragen?

Die Ultra-Kurzversion

Ein Bart strahlt Männlichkeit, Weisheit und Autorität aus. Das überträgt sich auf den Bartträger. Der Bart funktioniert also zuerst wie eine Maske, die andere Menschen überzeugt. Das wirkt sich über kurz oder lang auf die Psyche des Bartträgers aus: er beginnt selbst an sich zu glauben.

Was nach Westentaschen-Psychologie klingt, scheint tatsächlich zu funktionieren.

Die ganze Geschichte

Ich habe nach langer Zeit meinen Freund Horst getroffen. Nein, natürlich heißt er nicht Horst. Aber er hat mich gebeten, bloß nicht seinen Namen zu verwenden, wenn ich schon seine Geschichte ausschlachten muss.

Horst trägt jetzt Bart. Das war aber nicht die einzige Veränderung, die sofort ins Auge gesprungen ist. Horst läuft aufrechter. Er wirkt gesünder und selbstbewusster und strahlt eine gewisse Ruhe aus.

Das ist Horst

Horst ist Manager bei einer Firma in Hamburg und chronisch gestresst. Solang ich ihn kenne. Noch beim letzten Treffen war er verhuscht und abgehetzt. Ein Nervenbündel, das einem nicht in die Augen sieht und auch nicht zuhört, weil es immer abgelenkt ist. Kurzum: ein kleines Männlein, bei dem jede Frau Muttergefühle bekommt und das im Job niemand ernst nimmt. Er pusht sich mit Koffein, hetzt von einem Termin zum nächsten und findet abends keinen Schlaf.

Das ist der Horst, den ich kenne.

Nach eigener Aussage hat er sich vor einigen Monaten gerade noch in den Urlaub retten können. Die ersten Anzeichen eines Burnouts hatten sich schon bemerkbar gemacht.

Horst im Urlaub

Horst hatte sich viel vorgenommen für seinen Urlaub. Vier Wochen am Stück. Da lässt sich was reißen! Er wollte sich mit Freunden treffen, auf Party gehen, mal wieder eine Frau kennenlernen, die Regenrinnen an seinem Haus reinigen und und und.

Und dann war er zu nichts in der Lage. Horst war am Ende der ersten Urlaubswoche noch immer dort, wo er sich am ersten Tag des Urlaubs niedergelassen hatte: auf seinem Sofa. Er war nicht ein einziges Mal aus dem Haus gegangen, hatte keine Freunde getroffen und erst recht keine Frau kennengelernt und seine Regenrinne beherbergte immer noch das Laub der letzten Jahre.

Um den Teufelskreis zu durchbrechen, setzte er sich ins Auto und fuhr einfach los. Zwei Tage später fand er sich in einer kleinen Pension in Italien. Nun saß er wenigstens nicht mehr auf dem Sofa, sondern am Strand. Zu mehr war er auch dort nicht in der Lage. Er ging nicht auf Party, er lernte keine Frau kennen und seine Regenrinne war gut 2000 km weit weg. Er rasierte sich nicht einmal mehr. Der hutzelige, glatt rasierte Horst verwandelte sich an seinem offenbar recht einsamen Strand in Italien in… naja, zunächst wohl eher in einen Penner. Er muss wüst ausgesehen haben.

Am letzten Tag vor der geplanten Heimfahrt wollte er sich von einem Barbier wieder in einen Menschen verwandeln lassen. Das geschah dann auch – allerdings nicht, wie ursprünglich geplant. Der Bart verschwand nicht aus seinem Gesicht, sondern wurde lediglich in Form gebracht.

Horst erhielt eine Einführung in die Kunst der Rasiermesser-Rasur, ein ausrangiertes aber gutes Rasiermesser, einen zerfledderten Rasierpinsel und ein Stück Rasierseife in einer Tonschale, von der die Glasur abplatzte. Ernsthaft – der alte italienische Barbier hat Horst eine Grundausstattung geschenkt. Horst verließ den Barbier als neuer Mensch und ging vor der Heimfahrt noch kurz shoppen.

Das ist Horst mit Bart

An seinem ersten Arbeitstag erschien Horst braun gebrannt, mit einem echten italienischen Anzug und schicken italienischen Schuhen im Büro. Und mit Bart.

Er sagt, er habe schon in diesem allerersten Moment gemerkt, dass sich etwas verändert hatte. Er hatte sich morgens beim Blick in den Spiegel irgendwie „größer“ gefühlt und im Büro hatte er den Eindruck, man würde ihm mit mehr Respekt begegnen. Es begann eine Aufwärts-Spirale. Je mehr Horst an sich glaubte, umso mehr glaubten seine Kollegen und Kunden an ihn.

Seine Rasur zelebriert er. Horst sagt, dass sie zum festen Ritual geworden ist. Er nimmt sich Zeit, schaut sich selbst fest dabei in die Augen und genießt jeden Moment. Das Ritual gibt ihm Kraft für den Tag, poliert sein Ego und lässt ihn tiefer und ruhiger atmen.

Horst ist jetzt nicht mehr abwesend, verhuscht und unscheinbar. Er ist unübersehbar präsent.

Horst hat sich vom Nervenbündel in einen Alpha verwandelt.

Wodurch verändert der Bart das Leben seines Trägers?

Ein Bart steht für Weisheit und Männlichkeit, für Abenteuer und Kompetenz. Und es ist völlig egal, dass es sich dabei um ein von Menschen gemachtes und vom Zeitgeist bestimmtes Klischee handelt. Das Entscheidende dabei ist, dass wir alle an dieses Klischee glauben!

Das äußere Erscheinungsbild

Ein gepflegter Bart, der zum Gesicht passt, macht ein Gesicht markanter. Weiche Gesichtszüge können kaschiert werden. Die Mimik verändert sich. Unter einem Vollbart zum Beispiel bleibt jeder Ausdruck der Mundpartie verborgen.

Damit funktioniert der Bart, wie eine Maske. Im Spiegel erscheint auf einmal ein Kerl – auch wenn man beim Aufstehen noch das Gefühl hatte, ein Wurm zu sein. Und wenn der Wurm den Kerl sieht, verschwindet er.

Dadurch stärkt der Bart das Selbstbewusstsein. Und das wiederum strahlt nach außen. Mag sein, dass ein übersteigertes Ego die Umgebung nervt – aber bei Charakteren wie Horst, rückt das neu gewonnene Selbstbewusstsein das Bild einfach nur ins rechte Licht. Horst strahlt inzwischen die Kompetenz aus, über die er schon immer verfügt hat und die nur nie einer wahrgenommen hat.

Das zeitlose Ritual

Ein Bart braucht Pflege. Bezieht man alle Überlegen von oben mit ein, pflegt man mit dem Bart auch die eigene Männlichkeit und das eigene Ego. Einen Bart zu pflegen, ist ein Ritual. Vor allem, wenn man auf Technik verzichtet, auf Rasierschaum aus der Sprühdose und auf Klingen hinter Gittern. Mit einem Rasiermesser rasiert man sich nicht mal schnell. Es sei denn, man beabsichtigt, in der Notaufnahme zu landen.

Das Vorbereiten der Rasur, von der Zubereitung des Rasierschaums bis zum Abziehen der Klinge, hat meditative Züge. Sie brauchen eine gewisse Zeit, die sich zelebrieren lässt. Es ist ein Ritual, das dich mit den Generationen vor dir verbindet.

Zum Teufel mit „Achtsamkeitstraining“ – ein Bart macht das Gleiche!

Großes Modewort der letzten Jahre: „Achtsamkeit“. Wer dem Burnout nah war oder ihn erlebt hat, der hat von Therapeuten, dem Internet und diversen Selbsthilfebüchern immer wieder das gleiche gehört: Sport und gesunde Ernährung bilden die Basis und Selbstbesinnung, Entschleunigung, Achtsamkeit und Meditation das Gebäude des burnoutfreien Lebens. Das ist das Bollwerk der geistigen Gesundheit. Um diese Fähigkeiten zu lernen, pilgert der moderne, gestresste Mensch zu Gurus und Therapeuten, Selbsthilfegruppen und Yoga-Schulen.

Drauf geschissen!

Horst hat mich eines gelehrt: gewöhnt man sich ein paar Rituale an, die das Selbstbewusstsein stärken und der modernen Welt den Rücken kehren, folgt man genau diesen therapeutischen Ratschlägen. Du meditierst, wenn du den Rasierschaum anrührst. Die Bewegung mit einer von diesen Klangschalen ist auch nicht anders. Und du machst ein Achtsamkeitstraining, wenn du den Griff deines Rasiermessers unter deinen Fingerkuppen spürst und ein Pflegeprodukt in deinem Bart verteilst.

Nicht falsch verstehen!

Versteht mich nicht falsch: ich sage nicht, dass ein Bart einen Therapeuten ersetzt, wenn man an Burnout, einer Depression oder anderen ernstzunehmenden Erkrankungen leidet!

Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir durch ganz alltägliche Rituale, die uns mit der Vergangenheit verbinden, das Heute ein bisschen weniger kantig machen. Rituale, die wir uns bewusst nicht von der Technik abnehmen lassen, sondern unter den Fingern spüren können. Rituale, für die wir uns die Zeit nehmen müssen, die sie nun einmal dauern.

Beispiele sind die klassische Rasur, das Führen eines altmodischen Notizbuches oder Kalenders oder das Hacken von Holz für den Ofen oder Kamin. Natürlich kann man Zeit sparen und zum elektrischen Rasierer greifen, der Notizbuch-App die To-Dos diktieren und die Heizung andrehen. Oder man macht es richtig. Und auch, wenn ich ein großer Fan von Apps bin, die sich in alle Richtungen synchronisieren, sodass sogar der Kaffeelöffel mich an wichtige Dinge erinnert: es gibt nichts, was befriedigender ist, als ein To-Do mit einem Stift auf Papier durchzustreichen.

In diesem Sinn: pfleg deinen Bart! Es könnte sein, dass er dir einen Therapeuten erspart.

PS:

Horst hat seine Erstausstattung von dem Italiener noch nicht durch eine neue ersetzt. Er sagt, allein bei dem Gedanken, wie viele Jahrzehnte dieses Messer bereits im Einsatz ist, erinnert ihn daran, sich Zeit zu nehmen.

 

Photo by Edewaa Foster on Unsplash

1 Kommentar

  1. […] und schenk ihnen das Schlüssel-Utensil zu einem Ritual, das ihnen zu einer besseren Rasur, mehr Ruhe und mehr Männlichkeit verhilft. Denk nur daran, dass der Versand vor allem in der Vorweihnachtszeit ein paar Tage in […]

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